Rezension ZThG 25 (2020)

 

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Zeitschrift für Theologie und Gemeinde, Jg. 25 (2020), erschienen im September 2020, € 19,–.
Bestellungen der Zeitschrift über den Gemeindebüchertisch oder direkt an: www.blessings4you.de | shop.oncken.de

 

Heimat – Zwischen Verwurzelung und Aufbruch

„Man kann einen Menschen aus der Heimat vertreiben, aber nicht die Heimat aus dem Menschen“ (Erich Kästner). Was (zu) mir gehört … lautet der Eingangsbeitrag von Hans-Joachim Höhn und zeichnet ein Bild über die Suche nach Identität und Heimat. „Wer seine Heimat verlässt, gibt identitätsstiftende Zugehörigkeiten auf“ und in der Fremde stelle sich dann das Heimweh ein. Doch es gibt aber auch einen anderen „Typus der Daseinsvergewisserung, der dem Ursprung und Erbe des Christentums viel mehr entspricht“. Dieser stelle in Frage, dass Heimat nur in der Rückschau bestimmbar sei und bezweifle, dass es jenes Idyll jemals gegeben habe. Heimat als Utopie: „Wir wären gerne dort, wo wir noch nie waren!“ Den Glaubenden müsse es dann nicht darum gehen, sich in der Welt heimelig einzurichten. Vielmehr werden sie den „Unterschied zwischen Vorläufigkeit und Endgültigkeit wachhalten“, ein „kritisches Weltverhältnis begründen“ und Kraft geben für ein Leben zwischen Exil (Diaspora) und Exodus.

Der atl. Beitrag von Karin Schöpflin „Heimatgefühle im Alten Testament?“ greift das Motiv auf. Heimat – atl. „Land“ – ist in den Texten des Alten Testaments durchweg theologisch bestimmt: „Gott weist seinem Volk das Territorium zu, auf dem es als Gemeinschaft leben soll, und zwar nach seinen Regeln.“ Er ist es auch, der die „Heimat nimmt, wenn sein Gebot verletzt wird.“ Auf ihn setzen die Heimatlosen ihre Hoffnung, zurückzukehren. Darüber hinaus gehört zum Gefühl des Beheimatet-Seins auch das Leben im Kollektiv des Gottesvolkes.

Christian Wehde kommt in seinem ntl. Beitrag „Heimat bei Gott?!“ zum Schluss, dass „‚Heimat‘ in geografischer oder ethnischer Hinsicht keine Bedeutung mehr hat“. Denn „Zuhause-Sein, ‚Heimat‘, geschieht schon jetzt inmitten der Welt, inmitten der Fremde, indem die Gemeinde von Christus selbst zu einem geistlichen Haus erbaut wird, das auch anderen Menschen ein Zuhause bieten soll.“

Den Bogen zum Anfang schlägt Frank Mathwig mit seinem Aufsatz „Zwischen Heimweh und Heimat“. Heimweh kann nicht durch Rückkehr in die einst verlassene Heimat geheilt werden, weil das Vergangene ein für alle Mal vergangen ist. In Bezug auf Christen stellt er dar, eine biblisch angemessene Rede von Heimat wäre, von ihnen als „Heimwehgemeinschaft auf ihrem Heimweg in die Fremde“ zu sprechen. Denn „wo Hoffnung ist, kann nur Diaspora sein, denn solange Hoffnung besteht, ist ihr Ziel noch nicht da.“

Weitere Beiträge zum Thema: Andreas Liese, „Unsere Heimath ist droben“. Heimat und Fremde in den Geschlossenen Brüdergemeinden; Christian V. Witt, Theologie der Diaspora. Der Studienprozess der GEKE zur Standortbestimmung der evangelischen Kirchen im pluralen Europa; André Munzinger, Grenzenlose Heimat? Ökumenische Ethik und der lokal verwurzelte Kosmopolitismus; Rebecca Hedenkamp, #youonlylivetwice. Inwiefern ist der Protestantismus für die jüngere Generation (noch) Heimat?

Zeitschrift für Theologie und Gemeinde, Jg. 25 (2020), ist im September 2020 erschienen, € 19,–.
Bestellungen der Zeitschrift über den Gemeindebüchertisch oder direkt an: www.blessings4you.de | shop.oncken.de

Autor: Olaf Lange

Jg. 1966, 3 Kinder, Studium der Theologie in Bochum und Hamburg (BEFG), selbstständiger Mediendesigner, seit 1994 in der EFG Heidelberg, seit 1996 Geschäftsführer der Gesellschaft für freikirchliche Theologie und Publizistik e.V. und Mitherausgeber der Zeitschrift für Theologie und Gemeinde, seit 2019 im Oncken-Stiftungsrat